Ein Danksagung an unsere Fehler 

Aus seinen Fehlern lernen, – was hat das mit einer Kartoffelsuppe zu tun?

Gewiss, die Kartoffelsuppe mit Apfelkuchen kennt nicht jeder. Genauer gesagt ist es die Kartoffelsuppe mit Apfelkuchen des grandiosen Cafés „Sansibar“ auf Sylt.

Gehst Du dort etwas essen und bestellst das Gericht, erhältst Du genau das: Eine Kartoffelsuppe mit einem Stück Apfelkuchen in der Mitte. Du glaubst mir nicht? Hier ist der Beweis dafür:

Eine DER Locations auf Sylt, selbst der Michelinguide bezeichnet das Restaurant als „Adresse mit Kultstatus“.

Wie es allerdings zu dem legendären Gericht kam, können wir nur vermuten. Fest steht, es schmeckt gut, also richtig gut. Würden wir nachfragen, wie es dazu kam, wie dieses grandiose Rezept entstanden ist, dann wäre die Geschichte bestimmt so oder so ähnlich:

„Ein kalter Tag im Januar, der Wind pfiff kalt um das Sansibar herum, draußen auf dem Meer stob die weiße Gischt auf. An Tisch 9 saß ein sehr durchgefrorener und hungriger Mann mittleren Alters. Er kam gerade von draußen herein, die Wangen und Nase rot, ein wenig zitternd. Er bestellte eine heiße Kartoffelsuppe und als Nachtisch einen Apfelkuchen, das wärmt schön und trägt nicht zu dick auf. Im Restaurant war es gewohnt voll, alles drängte sich zusammen, jeder wollte dem kalten Wind entgehen. Kurz bevor ich seinen Tisch erreichte, wurde ich geschubst und das Unsagbare passiert. Der Apfelkuchen kippte zur Seite und rutschte in die Kartoffelsuppe. Mein Gast sah alles. Ich wollte schon zur Küche zurück, als er meinte, er sei so hungrig, er wolle das gerne probieren. Kurze Zeit später wurde ich erneut zu seinem Tisch gerufen. Mit einem leichten schlecken seines Mundes sprach er von dieser Köstlichkeit, dieser Delikatesse, dieser Vielfalt an Gewürzen, die seinen Gaumen berührten, – und er bestellte genau das erneut- eine Kartoffelsuppe und Apfelkuchen – diesmal gleich auf einem Teller. Die Geburtsstunde der Sansibar Kartoffelsuppe mit Apfelkuchen“

Was wäre gewesen, wäre dieser Fehler dem Kellner nie passiert?

Es wäre nie etwas so Großartiges und Legendäres geschaffen worden.

Aus Fehlern sind im Laufe unserer Geschichte immer wieder richtig gute Sachen entstanden. Die Mikrowelle wurde von Percy LeBaron Spencer erfunden – durch Zufall. Eigentlich testete er Radarsysteme, rausgekommen ist dann irgendwann die Mikrowelle. Viele Dinge sind durch Fehler und Zufälle entstanden, die Post-Ist (die kleinen Klebezettel zum Beispiel).

Durch unsere Fehler, unser Versagen entstehen oft die schönsten Dinge!

Darf man in unserer Gesellschaft Fehler machen?

Doch du kennst es vielleicht. Fehler werden in unserer Gesellschaft eher als etwas Negatives wahrgenommen. Wir leben nicht gerade in einer positiven Fehlerkultur.

In der Schule werden regelmäßig Diktate geschrieben. Bekommt dein Kind das Diktat wieder, sind dort meistens alle Fehler angestrichen. Es werden nicht die zehn richtigen Worte angestrichen, sondern der eine Falsche. Und ganz unten stehen dann die drei Fehler und nicht die 99 richtigen Worte.

Unsere Erziehung, unser Schulsystem, in all diesen sind Fehler Niederlagen und werden direkt abgestempelt. FAIL!

Erlaubt unseren Kindern Fehler zu begehen!

Warum ist es wichtig zu scheitern?

Fehler und Niederlagen sind Teil des Erfolgs an sich. Wenn wir Eltern unsere Kinder beim Lernen begleiten, sollten wir alle Fehler als Chance sehen, wir sollten das Potenzial dahinter wahrnehmen und uns auf die einzelnen Schritte konzentrieren, anstatt auf das Endergebnis.

Lernen ist ein Prozess und ein Prozess dauert. Ein Prozess ist kein einmaliger Punkt.

Eine positive Fehlerkultur bei Kindern bedeutet, dass Fehler als normale und unvermeidbare Teil des Lernprozesses betrachtet werden und dass Kinder ermutigt werden, aus ihren Fehlern zu lernen. Es geht darum, unseren Kindern beizubringen, dass Fehler kein Grund zur Schande sind, sondern eine Gelegenheit, etwas Neues zu entdecken und zu wachsen.

Schon unsere Jüngsten machen es uns vor. Ein Baby oder Kleinkind lernt laufen. Die kleine Josi wagt ihre ersten Schritte. Nach ein paar unbeholfenen Tapsern fällt sie hin. Und was macht Josi? Sie steht wieder auf. Und fällt wieder hin und steht wieder auf. Wieder und wieder begeht sie ein und denselben Fehler, bis sie irgendwann laufen kann. Das muss nicht heute oder morgen passieren, aber vielleicht nächste Woche oder nächsten Monat.

Feier Deine Fehler! Feier die Fehler Deines Kindes

Als mein großer Sohn noch im Kindergarten war, sind wir immer vom Nachbarort zu Fuß hingelaufen. Eines Tages holte ich ihn ab und auf dem Nachhauseweg las er die Hausnummern vor. „Siebenundzwanzig“ „Neunundzwanzig“ … Dann kamen wir zu den kleineren Zahlen und er las weiter „siebenundeinzig“, „fünfundeinzig“, „dreiundeinzig“. Wie sehr habe ich diesen Moment gefeiert, den Moment, da ich merkte „Hey, er versteht unser Zählprinzip“ Er kombiniert die Zahlen richtig miteinander. In diesem Moment korrigierte ich diesen Fehler nicht, weil ich mich einfach so sehr freute, dass er genau das richtig zu benutzen wusste, und ja, es tat mir im Herzen weh, ihm später sagen zu müssen, dass es so leider nicht richtig war, sondern „Siebzehn“ und „Dreizehn“ heißt.

Trixi Tumert, bester Lerncoach und Partnerin unseres gemeinsamen Podcasts schrieb all die kleinen Dinge ihrer Kinder in einem Buch auf. Die lustigen Anekdoten über die man später schmunzelt. Eine Art kleines Erfolgstagesbuch, in dem auch Fehler stehen. Später schaut man gemeinsam auf die kleinen Geschichten und freut sich über den Fortschritt und all die Fehler, aus denen man lernen durfte.

Denn all diese Ecken und Kanten, all die Versuche und das Scheitern machen uns Menschen erst zu echten Persönlichkeiten, all das macht uns erst aus!

Ein kleiner Tipp von mir:

Ein Erfolgstagebuch ist im Übrigen eine wunderbare Methode, um den Tag noch mal zu reflektieren. Jeden Tag kommen hier motivierende Dinge rein. Das, was gut lief, aber auch das, was nicht so gut lief. Am Abend kannst Du dich mit Deinem Kind zusammensetzen und darüber reden, was passiert ist und was ihr heute lernen durftet.

Lernt mein Kind das nicht oder ist es vielleicht mein eigener Fehler?

Erkläre ich meinem Kind wieder und wieder einen Zusammenhang, es wird aber nicht verstanden, sollte ich erst einmal bei mir selbst suchen. Vielleicht ist meine Erklärung auch zu kompliziert? Vielleicht habe ich die falschen Kanäle gewählt, auf denen mein Kind mich versteht? Vielleicht ist mein Kind ein visueller Lerner und ich versuche zu erklären, indem ich etwas erkläre?

Manchmal ist ein offensichtlicher Fehler auch kein Fehler des Kindes, ja des Gegenübers. Oft entstehen Fehler aus einer falschen Kommunikation.

Entstehen Fehler können wir also auch drauf schauen, ob der Weg des Lernens gut für mein Kind ist.

Zusammengefasst: Fehler sind unsere Helfer, unsere Verbündete!

Stellt man das Wort FEHLER um, erhält man das Wort HELFER. 

Genau das ist ein Fehler: ein Helfer auf dem Weg erfolgreich zu sein. Wir alle haben die unglaubliche Chance bekommen, immer wieder aus unseren Fehlern zu lernen und uns so immer wieder weiterzuentwickeln.

Auf jeden Fehler darfst du stolz sein, jeden Fehler deines Kindes darfst du feiern. Ein Fehler kann etwas richtiges Gutes sein, bedeutet es doch, dein Kind ist wieder einen Schritt nach vorne gegangen, hat sich weiterentwickelt und wird daraus wieder lernen.

(Text: Friederike Schulz/Corinna Weber)

Hier geht's zur Podcastfolge von "Selbstbewusst gemeinsam wachsen" zum Thema: 

#8 Lass uns Fehler feiern - die unverstandene und unterschätzte Ressource

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